Schmunzelmord 2 - 17 kriminelle Erzählungen
»Verbrechen wollen unterhalten.«
Das ist das Motto der Schmunzelmord-Reihe. Und so präsentieren sich die Gauner und Ganoven in den neuen kurzen und längeren Erzählungen nicht blutdürstig, sondern überraschend sympathisch. Überraschend ist auch die Auflösung eines jeden Falles, egal, ob es darum geht, verschwundene Senioren wiederzufinden, ein illegales Straßenrennen auszutragen oder in der Muckibude Testosteron-Junkies abzuzocken. Ab und zu kommt dennoch jemand zu Tode, aber das grämt niemanden. Der Mord am Jagdpächter trifft den Mörder selbst viel härter, und die Witwe eines Rentners ist nach dessen Tod mehr als erleichtert. Nur die ein oder andere Geschichte wurde für einen Wettbewerb geschrieben und hat es dann bei einem Verlag ins Buch geschafft, doch ein Ziel haben alle gemeinsam: durch Originalität und Twists ein spannendes Lesevergnügen zu bereiten.
»Ein erfrischender Erzählstil und überraschende Auflösungen garantieren beste Unterhaltung und machen Lust auf den nächsten Fall.« (Schongauer Nachrichten über Schmunzelmord)
»Kurzweiliger Lesespaß auch für zwischendurch, aber es wird selten bei nur einer Geschichte bleiben.« (FORUM München Nord über Schmunzelmord)
epubli, 3.12.2022
ISBN: 9783756545483 (Buchhandelsausgabe Print) 10,49 Euro
(12,5 x 19 cm, Einband matt)
ISBN: 9783756544363 (Buchhandelsausgabe eBook) 2,99 Euro
ISBN: 97983614750 (Amazon-Edition Print) 10,49 Euro
(13,5 x 20,3 cm, Einband glänzend)
ASIN: B0BLCVFJMT (Amazon Kindle) 2,99 Euro
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Leseprobe
Herbstniesel
Mit Leib und Seele war ich Polizist. Auch nach Dienst nahm ich meine Verantwortung für die Sicherheit meiner Mitmenschen ernst. Meine Pflicht als Ordnungshüter gab ich nicht beim Verlassen des Kommissariats beim diensthabenden Beamten ab. Obwohl meine Einstellung unbestritten zum Scheitern meiner beiden Ehen beigetragen hatte, hielt ich nach über 30 Dienstjahren immer noch daran fest.
»Haben Sie mal Feuer?«
Ich hob den Kopf, den ich auf dem Heimweg wegen des Herbstniesels gesenkt gehalten hatte. Die Allee kannte ich, und dass die Baumkronen nach und nach ihre rot-braun-gelben Blätter abwarfen, wusste ich auch ohne hinzusehen. Dermaßen überraschte mich die Frage, dass ich abrupt stehenblieb und dass dennoch mein Fuß auf dem nassen Laub seinen Schritt rutschend fortsetzte. Meine Rettung vor dem Fall war ein beherzter Griff an die Schultern der Fragenden. Beinahe versank mein Gesicht in einer dichten Mähne aus rotblonden Locken, die meinem Gegenüber über die Schultern fielen und die ihr Décolleté mehr verdeckten als das Oberteil, einem Nichts aus Seide und Spitze. Mit beiden Armen drückte ich mich von ihr ab, was mir in Anbetracht ihres Parfums mit seinem unaufdringlichen frischen Duft nach Jasmin und Orangenblüten schwerfiel, der mich umfangen hielt.
»Verzeihen Sie, aber ich war so in Gedanken …«
»Ich bitte Sie, das macht doch nichts.« Ihr Grinsen reichte von einem Ohr zum anderen, offensichtlich amüsierte sie meine Verwirrung. »Habe ich Sie erschreckt?«
Zu Hause wartete niemand auf mich, und so kam mir die Gelegenheit zu einem unerwarteten Plausch gerade recht. Zumal … Nun grinste ich auch, als ich mir diese Frau genauer ansah. Die abgedroschene Phrase kam mir in den Sinn, dass ich sie wohl kaum hätte beschreiben können, ohne meine Hände zur Hilfe zu nehmen. Neben ihren sichtbaren körperlichen Vorteilen fiel mir ihre Kleidung auf, die einen jeden Mann in Verzücken und in weitere – dann eher moralisch bedenkliche – Gefühlswallungen versetzen konnte. Oder sollte? Denn was trieb eine Rothaarige zur Abendzeit und bei solch ungemütlichem Wetter im Villenviertel, wo doch niemand unterwegs war? Nicht einmal, einen Hund Gassi zu führen, was in dieser Gegend ohnehin niemand selbst tat – gab es doch dafür tagsüber Hundesitter, die dieses Geschäft übernahmen. Und einen Hund sah oder hörte ich nicht. Mein ordnungshüterisches Gewissen erwachte, argwöhnisch sah ich mich um, entdeckte aber nichts Ungewöhnliches. Die Häuser ringsum streckten ihre Giebel über die Buchen- oder Ligusterhecken, als ob sie beobachten wollten, was sich zwischen meiner Zufallsbekanntschaft und mir abspielte. Sie reckten sich wie an jedem Abend, an dem mich mein Weg hier vorbeiführte.
»Feuer?«, fiel mir ihre Frage wieder ein, als ich mich vollends von der Mähnigen gelöst hatte. »Natürlich. Verzeihen Sie!«
»Sie entschuldigen sich ja schon wieder.« Mit wohl gespielt vorwurfsvollem Ausdruck sah sie mir tief in die Augen, mein Blick wiederum verlor sich in ihrer tiefgrünen Iris wie in einem eiskalten Bergsee. Nach einem peinlich langen Augenblick schließlich sah ich die Zigarette, die sie mir entgegenhielt.
»Haben Sie für mich vielleicht auch eine?« Keine plumpe Anmache meinerseits, als ich mein Feuerzeug aus der Jackentasche kramte und mir einfiel, dass ich nichts mehr zu rauchen hatte. »Das Vordach über dieser Einfahrt ist wohl der einzig halbwegs trockene Platz, wo der Regen jetzt zunimmt. Ein paar Minuten darf ich Ihnen doch Gesellschaft leisten, oder?«
Mit einem ironischen anmutenden Schmunzeln hielt sie mir die Packung hin. »Bedienen Sie sich!«
Meinen Griff begleitete ein fröhlich hingeschmettertes »Dankeschön!«, halb drehte ich mich um und lehnte mich an die gemauerte Säule, die den einen Flügel des schmiedeeisernen Einfahrtstores trug. Mühe, meine Blicke zu verbergen, gab ich mir nicht, vielmehr gab ich mich meinen genießerischen Gedanken hin und betrachtete unverhohlen mein Gegenüber. Das Oberteil war nicht das einzige knappe Kleidungsstück. Der Rock war viel zu kurz und damit wie auch die High Heels weder der Jahreszeit noch der näheren Umgebung, nämlich einem von matschigem Laub bedeckten Trottoir, unangemessen. Die Rothaarige zitterte.
»Sie frieren.« Meine Feststellung enthielt für sie offenbar keine neue Information.
Gelangweilt stöhnte sie auf. »Was glauben Sie denn, wie ich mich hier draußen fühlen sollte? Schließlich stehe ich hier schon eine Weile.«
»Ach, und was veranlasst Sie dazu?« Während ich sie das fragte, legte ich ihr meine Jacke um die Schultern, was sie mit einem Lächeln quittierte.
»Er erlaubt mir nicht, drinnen zu rauchen.« Halb drehte sie den Kopf, ihr Kinn deutete nach hinten über ihre Schulter.
»Mmh.« Ihre Antwort hätte mich beruhigen sollen, doch mein Blick folgte dem Nicken ihres Kinns. Die Villa kannte ich. Erst vor wenigen Tagen hatten mich meine Ermittlungen hierhergeführt. Die Bewohnerin, eine ältere Dame, war zu Tode gekommen. Ob Fremdeinwirkung im Spiel war oder ob sie einfach auf den feuchten Badezimmerfliesen ausgerutscht und mit dem Hinterkopf auf den Wannenrand aufgeschlagen war, ließ sich nicht feststellen. Während der ersten Tage danach waren alle Zugänge zum Haus richterlich versiegelt. Den Worten meiner Bekanntschaft zufolge war es nun wohl wieder bewohnt. Obwohl mich das nichts anging, war ich neugierig geworden.
»Mir ist kalt, ich geh wieder rein.« Ihre Worte rissen mich aus meinen Gedanken. Ich beobachtete, wie sie den Zigarettenstummel fortschnippte und mich dabei direkt ansah. Diese Bewegung – so profan sie auch sein mochte – schien mir impulsiv und einladend zugleich.
»Darf ich Sie zum Haus begleiten?«
Sie zuckte nicht zusammen, was ich als positive Reaktion auf meine Frage erwartet hatte.
»Aber gern.« Zwei kurze Worte nur, und schon hatte sie sich bei mir untergehakt und zog mich den Kiesweg entlang, nachdem sie mit der Schulter das Tor ein Stück weit aufgedrückt hatte.
Nach wenigen Schritten standen wir auf der Freitreppe. Die Haustür hatten wir noch nicht erreicht, als sich der Raum dahinter erhellte und die Tür aufgestoßen wurde. Zwar sah ich nur eine Silhouette, aber diesen Körperumriss kannte ich!
»Villen-Ede!« Mir stockte der Atem. Eine lokale Einbrechergröße. Mehrmals hatte ich ihn schon verhaftet, dabei aber nie auf frischer Tat ertappt. So war es nicht verwunderlich, dass ich um sein kriminelles Tun wusste, es ihm aber keineswegs zweifelsfrei nachweisen konnte, was stets zu seiner Freilassung führte.
»Ach nee, wirklich der Herr Kommissar!«
Unwillkürlich wurde ich fünf Zentimeter kleiner.
Meine Begleiterin feixte. »Dachtest du, um diese Zeit schleppe ich dir den Briefträger an?«
Brüsk wurde meine Überraschung unterbrochen. Fest hatte Ede mit seiner Pranke meinen Oberarm umklammert und zog mich nun mit einem Griff, dem ich nichts entgegenzusetzen hatte, in die Diele. Damit hatte ich nach dem Erkennen Edes rechnen müssen. Drinnen drehte er mich um und schob mich in ein Nebenzimmer, wo er mich in einen Sessel zwang.
Wie könnte ich mich aus der Gewalt des Pärchens befreien? Die Rothaarige sah ich gerade die Haustür schließen und das Licht in der Diele löschen. Schon stand sie bei uns im Kaminzimmer und zog die Tür hinter sich zu. Ich war den beiden ausgeliefert! Aus der Suche nach einem Ausweg sah ich mich um. Was mir als erstes auffiel, war, dass auf dem Boden Reisetaschen standen, und ihre noch nicht zugezogenen Reißverschlüsse offenbarten Preziosen, die die beiden anscheinend von überall im Haus zusammengetragen hatten.
»Es war eine Schnapsidee von dir, in dieser menschenleeren Gegend Schmiere zu stehen!« Trotz des verbal heftig vorgetragenen Vorwurfs schmunzelte Ede, und seine Schultern zuckten in einem mühsam unterdrückten Lachanfall. Die Rothaarige stimmte in das Lachen ein.
»Wieso, ich hab doch genau den Richtigen angeschleppt!« Mit dem Handrücken fuhr sie über meine Wange. Lange wundern konnte ich mich nicht über diese unerwartete Zärtlichkeit, denn ihr spontaner Kuss raubte mir den Atem und den Verstand. Begehrlich suchte ihre Zunge einen Durchlass durch meine Zahnreihen. Doch …
»Bitte, was ist hier los? Das passt doch alles nicht zusammen!« Mit einem Ruck hatte ich meinen Kopf zurückgezogen und versuchte, meine Gedanken zu sammeln. Ohne dass ich damit hätte rechnen können, half mir das Gaunerpärchen dabei.
»Wir suchen jemanden, der uns vorab informiert, wo etwas zu holen ist«, informierte mich die Rothaarige. »Übrigens heiße ich Lea und bin …«
»… meine Schwester«, ergänzte Ede ungefragt. »Und ein Kriminalkommissar hat ja nicht nur Informationen, sondern auch Beziehungen. Schon länger beobachten wir dich, du lebst allein, hast keinen Umgang, kaufst dir regelmäßig Pornozeitschriften und führst ein armseliges Leben. Schon mal daran gedacht, das zu ändern?«
Mein Blick an ihm vorbei zeigte mir Lea, wie sie dastand, die Hände in die Hüften gestemmt, und mich lachend ansah. Freudig erregt sah ich, wie sie auf mich zukam, meine Hände wurden feucht, als sie sich auf meinen Schoß setzte und mich voller Begierde küsste. Mir schien der Kuss ein Versprechen für die Ewigkeit.
Das war der Augenblick, in dem ich beschloss, meinen Diensteid an den Nagel zu hängen.
Ende der Leseprobe
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