Dan Brown ein Reinfall?

»Origin«

von Dan Brown.

Herausgeber: Bastei Lübbe 2018

Die Wege zur Erlösung sind zahlreich.
Verzeihen ist nicht der einzige.
Als der Milliardär und Zukunftsforscher Edmond Kirsch drei der bedeutendsten Religionsvertreter der Welt um ein Treffen bittet, sind die Kirchenmänner zunächst skeptisch. Was will ihnen der bekennende Atheist mitteilen? Was verbirgt sich hinter seiner "bahnbrechenden Entdeckung", das Relevanz für Millionen Gläubige auf diesem Planeten haben könnte? Nachdem die Geistlichen Kirschs Präsentation gesehen haben, verwandelt sich ihre Skepsis in blankes Entsetzen.
Die Furcht vor Kirschs Entdeckung ist begründet. Und sie ruft Gegner auf den Plan, denen jedes Mittel recht ist, ihre Bekanntmachung zu verhindern. Doch es gibt jemanden, der unter Einsatz des eigenen Lebens bereit ist, das Geheimnis zu lüften und der Welt die Augen zu öffnen: Robert Langdon, Symbolforscher aus Harvard, Lehrer Edmond Kirschs und stets im Zentrum der größten Verschwörungen.
ILLUMINATI, SAKRILEG, DAS VERLORENE SYMBOL und INFERNO - vier Welterfolge, die mit ORIGIN ihre spektakuläre Fortsetzung finden.

Ich bin froh, dass ich Dan Browns »Origin« als preisreduziertes Exemplar auf dem Wühltisch fand. Hätte ich 2018 bei der Veröffentlichung meinem Drang nachgegeben und es für den normalen Preis gekauft, hätte ich mich geärgert. Magere drei von fünf Sternen.

 

zum Buch bei Bastei Lübbe

 

Rezension von Michael Kothe, Autor
Cover: Bastei Lübbe

Glaubensbekenntnis schwach umgesetzt.

 

Für Eilige:

Endlich wieder ein Religionsthriller von Dan Brown!  Nachdem er sich in »Inferno« mit der Überbevölkerung auseinandergesetzt hat, packt er mit »Origin« ein weiteres heißes Eisen an: den Glaubenskrieg zwischen religiöser Schöpfungsgeschichte und Darwins Abstammungstheorie. Auf den ersten Blick eine emotionale Achterbahnfahrt, auf den zweiten basierend auf einer banalen und lauwarm vorgebrachten These. Dazu kommt, dass Brown nach »Inferno« ein zweites Mal einknickt und sich nach seiner Provokation dem Mainstream beugt und sich für das Motiv seines Romans entschuldigt, indem er die These relativiert und so verwässert.

 

Inhalt:

Wo kommen wir her? Wohin gehen wir? Edmond Kirsch, Milliardär und Superhirn, lädt Hunderte Prominente ins Guggenheim-Museum nach Bilbao ein, um in einer weltweit ausgestrahlten Präsentation die Fragen nach Herkunft und Bestimmung der Menschheit zu beantworten. Während der Einleitung wird Kirsch vor aller Augen ermordet. Professor Dr. Robert Langdon, früherer Dozent von Kirsch, beschließt, mit der Museumsdirektorin Ambra Vidal Kirschs Vermächtnis umzusetzen und die Präsentation der Weltöffentlichkeit vorzustellen. Da sie als Verlobte des spanischen Thronfolgers die besondere Aufmerksamkeit von Königshaus und Öffentlichkeit genießt, wird aus der Suche nach dem Filmmaterial eine Verfolgungsjagd, bei der Langdon und Vidal vom Mörder Kirschs, der Guardia Real und der Polizei Barcelonas gehetzt werden.

 

Schreibstil:

Genretypisch ist der Schreibstil geprägt von Hektik. Wieder nimmt Brown dem Leser den Atem, baut gekonnt Spannungsbögen auf, setzt seine Protagonisten und ihre Verfolger unter Zeitdruck und zwingt sie zu ständiger Bewegung. Während ich mich als Autor von Fantasy und Kurzgeschichten gegen den Vorwurf des »Info-Dumping« wehren muss, breitet Brown seitenlang Beschreibungen von Orten, Bau-, Kunst- und literarischen Werken aus. Details erzeugen Kopfkino, ihr Wissen bringt Langdon und Vidal voran. Relevant ist auch die Aussage, Spaniens Bevölkerung spalte sich in die älteren Erzkonservativen und in die Jüngeren, die sich von der Kirche im Sinne von Glauben und Institution abwenden. Der Thriller lebt von inhaltlicher Hetze. Die Sprache ist unspektakulär. Unspektakulär, weil farblos, sind auch die Hauptfiguren. Weder Langdon noch Vidal sind dreidimensional, eine Charakter­entwicklung findet nicht statt. Und was nützt es, der Figur ein Handicap anzuhängen – Langdons Klaustrophobie –, wenn es keinen Einfluss auf die Handlung hat? Wenigstens zeigt Ambra Vidal Gefühle in Form von Zweifeln an der Liebe des Thronfolgers und ihrer eigenen!

 

Spoileralarm!

Nach vier Fünfteln des Buches stagniert die Handlung. Die angekündigte Sensation entpuppt sich als Banalität: Kirschs ausschweifende und langatmige Präsentation versandet in der trivialen Erkenntnis, das Leben verdanke seine Entstehung der zufälligen Konstellation von Elementen und Naturgesetzen, und die Prognose werde in zahllosen Science-Fiction-Werken dargelegt und vom Technologiefortschritt eingeholt. Gott brauche es nicht. Nachdem er die These Kirschs präsentiert hat, entschuldigt sich Brown dafür, indem er Langdon versöhnliche Worte sprechen lässt: Religion sei Orientierung für Gläubige und daher weder schlecht noch überflüssig. Wer hinter den Morden und Intrigen steht und die Hauptfiguren gehetzt hat, erkennt der Leser schon einige Kapitel vor Schluss. Dass Brown dem realen spanischen Königshaus eine erfundene Familiengeschichte und nicht-existente Angehörige andichtet, ist ein weiterer Malus des Romans.

 

Fazit:

Der siebte Roman von Brown. Der einzige, der mich nicht überzeugt. Meinem Lieblings-Thrillerautor gebe ich schwache drei der üblichen fünf Sterne: Für die anfängliche Neugier, für die interessanten Details über Barcelona und Gaudí und für die Lebendigkeit auf den ersten 500 der 670 Seiten. Seit ich Kirschs „Erkenntnis“ kenne, frage ich mich, ob sie fünf Morde und einen von Langdon indirekt zu Tode gebrachten Mörder rechtfertigt.